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Samstag, 12. Dezember 2015

Last Of A Dying Breed. Tourblog 2015. Episode 7. Das Ende.

Von Barcelona nach Norden. Letzter Eintrag.


Figueres. Wird das Café Royal noch da sein? Ein seit Generationen von einer Familie betriebenes Café an der Rambla. Dali und Bunuel waren hier schon gesessen und haben sich über andalusische Hunde ausgetauscht. Sagt man. Bereits vor drei Jahren hieß es das Gebäude würde abgerissen, offenbar haben wir doch noch eine Chance erhalten bei Pep ein Estrella zu ordern. Überschaubare Menge dann beim Auftritt zwei Ecken weiter. Tolles Publikum dennoch. Am Ende wird es noch wild. Ein ziemlich durchgerockter Typ kreuzt nach unserer Show auf. Packt seine Gitarre aus, spielt. Rumba, Flamenco, you name it. Hot Gypsy Stuff. Wir steigen ein. Mit Bouzouki und Gitarre. Mädchen fangen an zu tanzen, steuern Handclap-Percussion bei. Ich bin wieder mittendrin. In dieser fiebrigen, surrealen Atmosphären-Suppe, schwimme in einem bizarren Traum. Ein geisterhafter Abend. Ricard, der stoische Barmann, die Handclaps, die Gesten der Tanzenden, der heisere, von ganz tief unten herausbrechende Gesang des alten Roma, sein zerfurchtes Gesicht. Wortfetzen, Halbsätze, "You must not go! You stay! Play!!!". Uns wird angeboten nächstes Jahr im Knast von Figueres zu spielen.

Girona, Café Llibreria Context. Gepackt voll. Ganz anders als vergangenes Jahr. Es läuft. Es läuft gut. Tags darauf nochmal besser. Sant Feliu de Guixols. Vielleicht der gelungenste Auftritt der diesjährigen Shows in Katalonien. Und das in einer der schönsten Städte in die es mich auf dieser Tour geschwemmt hat.
Warum hat uns eigentlich bislang noch keiner hier her geschickt oder gesagt das es dieses Nest gibt? Es hätte nicht schöner sein können. Vor dem Soundcheck noch das 4:0 von Barca gegen Real gesehen, dann auf einer der schönsten Bühnen der Tour, bei perfektem Sound vor einem super-interessierten Publikum die Ideallinie gefunden. Momente die bleiben.

Barcelona wird der angemessene Abschluss dieses Tourabschnitts mit Grae J Wall. Erwarten nichts bekommen viel. Das Gipsy Lou im Raval überraschend gut besucht. Sehr gut. Das Programm läuft hervorragend und wir verdienen tatsächlich Geld an diesem Abend. Nicht selbstverständlich für Bar Gigs in dieser Stadt.

Wir packen die Instrumente zurück ins Hotel an der Rambla und ziehen nochmal los, auf einen Absacker in die London Bar. Während wir einen Drink nehmen kommt zufällig ein Pärchen rein die unseren Auftritt im Gipsy Lou gesehen haben, bedanken sich nochmal. Der junge Barmann wird hellhörig. "You musicians? You have to play here!". Gerne. Nächstes Jahr. Es stellt sich heraus der Typ ist absoluter Townes van Zandt und Steve Earl Fan. Country/Songwriter Stoff generell. Plötzlich sind zwei Gitarren da. Plötzlich entpuppt sich der Kumpel des Barmanns als sensationell guter Gitarrist. Plötzlich endet der Abend in einer intimen Session. Townes van Zandt, Woody Guthrie, Steve Earle. Anglo-catalanisch-finnische Bruderschaft. Die Getränke gehen auf's Haus. Es wird spät.

London Bar, Barcelona.

Wieder allein unterwegs. Nach Stops in Montpellier und Lyon spiele ich Basel an einem Mittwoch. Charmant. Gute Menschen, wenig Publikum. Genieße es trotzdem.
Fahre in 10 Stunden von da nach Dunkerque. Straßensperren in Frankreich. Wir sind im Krieg. Es macht mich wütend ein ungutes Gefühl haben zu müssen weil da zehn Typen mit automatischen Waffen stehen, einige davon maskiert. Was ist hier eigentlich los?

England. Es ist ende November, das Wetter erstaunlich trocken hier und Southampton ein guter Einstieg. Auftritt im Mettricks mit Bar:Ton und Hermione Pepper. Ersterer mit einem Psych-Folk Instrumental-Set auf dem Mandocello, letztere mit sphärischem Goth-Folk. Gesang und Autoharp. Eigenwillige Geschichte, nicht ganz meine Tasse Tee, aber gut gemacht. Sitze nach dem Auftritt noch lange mit Richard aka. Bar:ton und seiner Freundin zuhause. Tourgeschichten austauschen, Tee trinken.
Auf der Fahrt nach St Albans, tags darauf, habe ich es dann wieder. Dieses Gefühl das mich trotz aller Widrigkeiten die dieses Land für Acts wie mich mit sich bringt, immer wieder hierher zieht Es ist vielleicht eine der größten Herausforderungen für einen Solo-Performer in Europa. Vielleicht noch etwas mehr für einen nicht Native Speaker. Dir bleibt nichts anderes übrig als gut zu sein, und wenn Du es bist, wird es respektiert. Auch wenn es jenseits des Mainstream ist, auch wenn es vielleicht etwas eigenwillig ist, man hört Dir auf jeden Fall zu, Du bekommst Deine Chance. Das die Bezahlung in der Regel katastrophal ist soll mal nicht verschwiegen werden. Ruppiges Land mit einer einzigartigen (Pop-)Musik Kultur.
Der Auftritt im Trestle Arts Base dann ein echtes Highlight. Vier Acts, fetter Sound, gut besucht. Hi-energy Auftritt. Pures Glück. Noch unter dem Eindruck des Abends beschließe ich am folgenden Tag noch spontan einige Songs im Blue Angel Acoustic Cafe zu spielen, einem seit 18 Jahren laufenden Open Mic Abend in St Albans, humorvoll und kompetent gehostet von Bill und Perry. Das stürmische Wetter treibt eine bunte Mischung aus Spinnern und Normalos in das Pub. Ich liebe das hier. Einige Acts völlig daneben, einige absolut großartig. Jeder kriegt seine Chance und jedem wird zugehört. Aufmerksam. Respektvoll. Für mich wird es anschließend Zeit Schlaf nachzuholen. Möglichst viel davon.

Ein guter Moment dies hier als den letzten Blog-Eintrag stehen zu lassen. Vor mir liegen noch vier UK Dates, einer in Lille und vier Shows in Deutschland. Letztere dann doch noch erfreulicherweise mit Isi Rössler und - auf den freu ich mich besonders - einer zusammen mit Geoff Berner in Dachau. Ich hoffe wir sehen uns dort. Irgendwo. Irgendwann. Sollte jemand diesen Blog hier verfolgt haben - Danke. Die Reise war lang dieses mal und sie ist noch nicht zu Ende. Es wird daher sicher immer wieder mal was neues hier, auf FB oder der Mäkkelä Seite geben. Wer möchte kann gerne ab und an mal vorbeisehen. Ein spezielles Dankeschön an das Roadtrack Magazin an dieser Stelle.





St Albans, 01.12.2015
Martti Mäkkelä


Für das Roadtracks Magazin geschrieben, findest Du bis Dezember 2015 in diesem Blog Nachrichten, Wasserstandsmeldungen, Befindlichkeitsnachweise und vermutlich auch den einen oder anderen Link aus der etwas unkalkulierbaren "On Tour"-Parallelwelt von Mäkkelä's Tour zu seinem am 4. September veröffentlichten Album "Last Of A Dying Breed". Alle kommenden Konzerttermine auf maekkelae.com.




Donnerstag, 5. November 2015

Last Of A Dying Breed. Tourblog 2015. Episode 4

Spanferkel, Streichelzoo & das Trio


Blick zurück nach Oberfranken. Hof. Fix und fertig nach einer mehr als nervigen Fahrt von Berlin runter. Regen, Stau, Tankreservenroulette. Irgendwie kippt aber doch immer der Schalter um sobald die Show beginnt. Gut gewesen, Schlaf aber auch nötig. Dringend. Dann Burgkunstadt, Zum Rösla. Bilderbuchstädtchen in Oberfranken und auf dieser Tour vielleicht der schönste der Auftritte den ich dort bisher gespielt habe. Irgendwas erinnerungswürdiges ist dort aber auch jedes mal. Kann man sich drauf verlassen. Ob das der junge Tontechniker ist der mitten im Soundcheck blass wird und nach hinten umkippt, der örtliche Schäfer der beim Einladen fluchend vorbei trottet und schimpft das der Bock den er gekauft hat offenbar schwul ist oder eben in diesem Jahr die unverhoffte Anlieferung von größeren Mengen Spanferkelbraten des lokalen Metzgers. Hat wer bestellt und dann nicht abgeholt. Muss jetzt eben gegessen werden. So einfach ist das. Dazu verlässlich exquisite Musikauswahl vom Wirt. Ideale Voraussetzung abzuhängen bis zum Ende. Wären da nicht die kleinen Überraschungen. Erhalte am Abend eine SMS vom Hafen 2 in Offenbach mit der Info "Soundcheck morgen ist 12.30 - 13.30. Wir haben da diese Buchmesse-Veranstaltung am Nachmittag und der Gig sollte direkt danach um 18.00 Uhr beginnen." Also Essig mit ausschlafen, in Ruhe frühstücken und entspannt nach Offenbach fahren.

Überraschenderweise hinbekommen. 7.00 Uhr aufstehen nicht unbedingt meine stärkste Disziplin. Offenbach dann jedoch bezaubernd. Hatte vor hundert Jahren im alten Hafen 2 gespielt, der neue ein post-industrielles Märchenland. Das Gelände begrüßt mich mit einem freudig aufgeregt hin und her zuckelnden Kohlebagger nebenan, dem Frachtschiff Isabel (sic!) das eben vorbei schippert, Möwen und Reihern. Den Streichelzoo hab ich da noch gar nicht gesehen. Übernachtung in Zirkuswohnwägen im Industriehafen von Offenbach am Meer. Très charmant. Kurz vor dem Auftritt erfahre ich das auf HR2 offenbar das neue Album gelaufen ist, mit Hinweis aufs Konzert. Finnen da und - natürlich - die Mädels von SISU-Radio, der finnischen Sendung auf Radio X. Zumindest glaub ich das der Frankfurter offene Kanal so heißt
Tags drauf Karlsruhe. Nicht weit zu fahren, gut geschlafen, die alljährliche Tour-Erkältung nimmt an Fahrt auf. Wie schon beim letzten Wohnzimmerkonzert dort ein spezieller Abend, aber dazu liest man denke ich am besten Gudruns Konzertbericht.
Die Fahrt nach Trier am 20.10. zwar ein Traum (Pfälzer Wald und rüber nach Trier), Vorfreude groß mit Annabeth McNamara den Abend zu teilen und vor allem mal wieder Marco vom Brunnenhof zu treffen, die Stimme dank Erkältung mittlerweile allerdings besorgniserregend lädiert. Apothekenkonsultation führt nur zu dem freundlichen Tip "Ich empfehle Sie lassen heute am besten singen...".
Es geht dann dank massivem Einsatz von Emser Salz überraschend gut und die "Light Enough To Travel" Version mit Annabeth am Banjo ist dann auch tatsächlich noch ein persönlicher Glücksmoment. Kein langes Nachfeiern wie bei den letzten Konzerten diesmal. Ab ins Hotel und einfach freuen das der kommende Tag off ist. Colmar. Dringend nötiger Ruhetag bei Ingwer-Zitronen-Sud und zum Ausklang einem Schluck Elsässer Pinot Gris. Wieder dazu gelernt. Neun Shows am Stück mit all den Begleitumständen des Alleinreisens sind offenbar das Limit.

Zu Freiburg bitte ich doch um kurze Rückbesinnung auf Tourblog Episode 3...

26.10.2015, Fürth. Zwei wunderbare Schweiz Shows in Zürich und Thun gespielt, unbehelligt vom Schweizer Zoll das Land verlassen und in Lindau bei schönstem Herbstsonnenschein angekommen. Sofort zuhause gefühlt im Cafe Collodium. Wieder ein ganz anderes Publikum. Matinee, Beginn 14.30 Uhr. Nicht wirklich meine Zeit aber wieder gut gewesen. In der Folge mit Markus dem Betreiber bis spät in die Nacht geredet und geredet. So darf das sein. Dafür am Montag völlig im Eimer gewesen. Off-Tag in Fürth. Die Erkältung mittlerweile etabliert. Logistik-Kram für den kommenden Abschnitt erledigt, Waschsalon und Saitenkauf. Nachpressung nicht angekommen. Schlecht. Isi wird wohl auch nicht die Dates in Bayreuth, Prag und Wien spielen, ganz schlecht. Dafür stehen die einzigen zwei Shows in Trio-Besetzung an. Bin neugierig.

27.10.2015, Bayreuth. Das Trio rockt. Wer hätte das von einem Mäkkelä-Konzert erwartet? Schweißtreibender Abend im Forum Phoinix, besser hätte es nicht laufen können. Premieren-Auftritt mit diesem Programm in dieser Besetzung, volles Haus, begeistertes Publikum. Das Ding rollt. Die Stimme pendelt sich nach und nach irgendwo zwischen Tom Waits, Roger Chapman und Nebelkrähe ein. Kann gut sein, muss es aber nicht. Vor allem macht es die ganze Angelegenheit eines, nämlich anstrengend

28.10.2015, Prag. Blick von Letná über das abendliche Prag kurz vorm Soundcheck. Adrenalin-Hoch im Nudny Otec, euphorischer Ausklang in einem von Letnás Wasserlöchern. Bloody Mary, Tee mit Slivo für die Stimme. Wie viel höher geht das noch? Am Donnerstag Vormittag dann Abschied von den Jungs, herbstgraue Fahrt Richtung Wien via Brno. Weinberge, Weinberge, Weinberge auf der österreichischen Seite. Der Abend hallt lange nach. Die Tour-Realität mit Parkplatzproblemen in Großstädten holt mich in der Josefsstadt ein aber das ist gerade jetzt einfach nicht wichtig, spielt keine Rolle. Zeit sich zu sammeln.

30.10.2015, Wien. Die Tour gleitet oder treibt vor sich hin und ich mit ihr. Irgendwas ist mit diesem Wien. Jedes mal. Ich kann's nicht benennen, aber es ist nur hier so. Vielleicht deshalb fühlt sich der gestrige Auftritt wie das Auslaufen nach einem guten Sprint an. Schweiz und Lindau ein echtes High, Bayreuth und Prag in der Trio-Besetzung mit den Goho Hobos Kollegen Andy Conrad an Akkordeon und Banjo sowie Patrick Reichmann am Hobo-Drumkit quasi ein Ritt auf einer Welle die ihren Peak in Prag erreicht. Dort noch gekrönt vom Gastauftritt von Pavel Cingl, Violine. Es sind diese Momente in denen einfach alles funktioniert, man nichts wirklich falsch machen kann, wegen denen man das alles auf sich nimmt, Momente die fast jedes Opfer wert sind. Es folgt dann auch einer eigenen Logik das Wien anders ist, anders sein muss. Trotz der sehr überschaubaren Zuhörerschaft kein Absturz in die Realität sondern eher ein sanftes Hinabgleiten in fast sakraler Atmosphäre. Die einleitenden Worte von Reverend Dominik vom Verein 08 mehr als passend dazu. Eine eigenartige, kleine Andacht im Herzen des achten Bezirks, an einem trüben Herbst-Donnerstag. Gelungenes Ende einer Phase, perfekter Start in die nächste. Es stehen an: drei Dates in der Slovakei mit meinem Tour-Buddy, dem finnischen Folkpunk Unikum Ozzmond. Neuland.

Für das Roadtracks Magazin geschrieben, findest Du bis Dezember 2015 in diesem Blog Nachrichten, Wasserstandsmeldungen, Befindlichkeitsnachweise und vermutlich auch den einen oder anderen Link aus der etwas unkalkulierbaren "On Tour"-Parallelwelt von Mäkkelä's Tour zu seinem am 4. September veröffentlichten Album "Last Of A Dying Breed". Alle kommenden Konzerttermine auf maekkelae.com.

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Last Of A Dying Breed. Tourblog 2015. Episode 3

Alpenblick

"5. Stock, am Klingelschild steht Alpenblick, können Sie gar nicht verfehlen. Ich bin dann da für den check-in."
Der Typ der mir öffnet hat einen feucht-kalten Händedruck. Entweder er kommt gerade aus der Dusche oder er schwitzt sehr stark. Schwer zu sagen.
"Ja, dann nehmen Sie mal Platz. Dort."
Muss ja nichts heißen. Das wir uns in einem Vorort-Wohngetto befinden. Das die Wohnung mit tausenderlei pseudo-asiatischem Kram geschmückt ist. Schriftzeichen auf Tüchern und so. Chaotisch vielleicht, allerdings hab ich auch schon schlimmeres gesehen. Zugegebenermaßen nicht für EUR 45.- die Nacht, gebucht über eine, zumindest bisher, nicht als unseriös aufgefallene, Internet Booking-Website für Unterkünfte.
Der Typ sitzt mir gegenüber. Der Bürostuhl auf dem er sitzt und ein paar Ordner im Regal neben ihm deuten an das es sich hier um die Rezeption handeln muss Das zerwühlte Bett daneben darauf das es offenbar auch das Schlafzimmer ist. Ich hoffe nicht meins. Er schwitzt. Ist klar jetzt. Versucht seinen Blick auf mich zu fokussieren. Klappt nicht so richtig. Griff zum Ordner. Die ersten beiden Blätter sind E-Mail Ausdrucke. Buchungsbestätigungen. Kann ich sehen. Er streicht sich die dünnen, schwarzen Haare nach hinten, den Schweiß aus dem Gesicht. Es wird nicht besser. Das mit dem Schwitzen nicht, das mit dem Fokussieren auch nicht.
"Sie sind also Torsten Wilms."
Nicht erkennbar ob Frage oder Feststellung.
"Nein. Bin ich nicht."
"Also... das...kriegen wir schon hin. Ich bin... manchmal... etwas durcheinander."

Er blättert im Ordner. Vor. Zurück.
Da sind aber nur Schreiben des örtlichen Ordnungsamtes. Oder sowas. Briefköpfe mit Stadtwappen jedenfalls. Wieder auf Anfang.
"Also nicht? Torsten Wilms?
"Nein. Immer noch nicht."
"Also... ja... kriegen wir ..."

Der Mann ist völlig überfordert. Versteht nicht was ihm die abgehefteten Blätter sagen wollen. Wo der Zusammenhang mit der Person ihm gegenüber genau liegt.
Haare wieder hinter streichen. Er wirft einen Schlüsselbund aufs Bett. Es läuft grad gar nicht. Er schiebt mir den Ordner hin.
"Das da! Das sind doch sie!"
Vor mir aufgeschlagen ein Umsatz- oder Gewerbesteuerbescheid. Null Euro.
"Nein, bin ich nicht. Das ist auch keine Buchungsbestätigung."
Ich muss hier raus. Nach Möglichkeit unverletzt. Und ich werde hier nicht die Nacht verbringen. Scheiß auf die Erkältung, die lädierte Stimme, die Abnutzungserscheinungen dieser Tour. Man kann auch im Auto schlafen. Nicht gut, nicht warm, nicht bequem. Aber ohne irgendwelche Psychos oder Junkies auf Entzug.
Mein Gegenüber wird immer nervöser.
Ich stehe auf.
"Hören Sie, ich muss zum Soundcheck. Ich kann in einer Stunde wieder da sein. Vielleicht klärt sich dann ja alles."
Ich nehme meine Taschen und gehe. Nicht gerade panisch, aber zügig. Natürlich kommt er mir nach. Versucht noch ein "Also...so... das geht nicht..."

Schade.

Wegen dem Alpenblick.

Das Gebäude hätte man ja nicht gesehen beim Alpenblicken.


Nachtrag


Sehr geehrte Damen und Herren,

im Anhang übersende ich Ihnen Die Rechnung über die Stornierungskosten des Gastes Mäkkelä, der am 22.10.2015 weder angereist ist , noch auf meine SMS (Zwei) reagiert hat.

Bitte weisen Sie den Gast darauf hin, dass ich am 06.11.2015 sofort das gerichtliche Mahnverfahren gegen Ihn beantragen werde, sollte ich bis dahin keinen Ausgleich meiner Forderung feststellen können.

Vielen Dank für die Zusammenarbeit.

Mit freundlichem Gruß


Hallo Herr xxxx,

ich weiß ja nicht ob Sie die Person waren die gestern von 15.30 - ca 16.10 versucht hat meinen check-in hinzubekommen. Wer auch immer es war ( ich war tatsächlich wie telefonisch angekündigt zum check-in vor Ort) war dazu offenbar nicht in der Lage. Besagte Person hatte meiner Einschätzung nach entweder ein massives mentales oder Drogen-Problem. Anders kann ich mir nicht erklären warum er weder die vorliegenden Buchungsausdrucke lesen konnte, mich ständig mit Torsten Wilms angesprochen hat und mir letztendlich einen Gewerbesteuerbescheid der Stadt Feiburg vorlegte mit der Bahuptung das müsse ja wohl ich sein bzw meine Buchungsbestätigung..

Ich bin seit 20 Jahren als Musiker auf Tour und hab schon so eingies gesehen, auf was ich mich allerdings mit Sicherheit nicht einlassen werde ist die Nacht im 5. Stock eines Gebäudes zu verbringen mit dem Wissen eine Person mit einem psychischen Problem ist eine Tür weiter. Insbesondere nicht wenn ich nicht weiß welcher Art dieses Problem ist.

Sollte Ihr Mitarbeiter - ich gehe mal davon aus das diese Person einer war - sich nicht seines Problems bewusst sein kann ich Ihnen nur empfehlen ihn darauf hinzuweisen und ihm anzuraten eventuell ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Es tut mir leid wegen den Unannehmlichkeiten, sollten welche entstanden sein, dennoch bitte ich Sie meinen Standpunkt auch zu respektieren. Ebenso finde ich Ihre Behauptung ich hätte mich nicht bei Ihnen gemeldet doch etwas eigenartig. Wir hatten am gestrigen Donnerstag um 12.15 miteinender telefoniert und die Uhrzeit für den check-in vereinbart.
Was die Zahlung Ihrer Rechnung angeht behalte ich mir zunächst vor bis zur gestellten Frist zu prüfen welche Möglichkeiten es gibt diese zu verweigern, ob dies nun über xxx.com wäre oder andere Wege.
MfG,
Mäkkelä

Sehr Mäkkelä,

es scheint Krankheiten zu geben, die sich auch Ihrer Unkenntnis bemächtigen.

Sie hatten es mit mir zu tun und ich habe auch mit Ihnen telefoniert.

Ich habe nun seid 33 Jahren Diabetes, da kann es schon einmal zu Unterzuckerungen kommen.

In dieser haben Sie mich erlebt.

Betrachten Sie die Rechnung als Gegenstandslos. Ich will Sie in meinem Hause nicht mehr wieder sehen.

Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Gute.

Leben Sie wohl.

xxxx

p.s. Wer einen so schwierigen Namen hat, wie Sie, sollte sich etwas mehr mühe geben.
Für das Roadtracks Magazin geschrieben, findest Du bis Dezember 2015 in diesem Blog Nachrichten, Wasserstandsmeldungen, Befindlichkeitsnachweise und vermutlich auch den einen oder anderen Link aus der etwas unkalkulierbaren "On Tour"-Parallelwelt von Mäkkelä's Tour zu seinem am 4. September veröffentlichten Album "Last Of A Dying Breed". Alle kommenden Konzerttermine auf maekkelae.com.

Mittwoch, 7. Oktober 2015

Last Of A Dying Breed. Tourblog 2015. Episode 1

Mäkkelä. Collodium Fotografie von Peter Kuntz

GLAUBE


Es sind die Nebensätze. Oft. An die ich mich in Zeiten der Unsicherheit klammere. Also diese - vielleicht - zufällig, unbeabsichtigt geäusserten Bemerkungen. Ich glaub die. Weil es nicht so allzuviel anderes gibt an das zu glauben lohnt. Zumindest bei dem was ich hauptsächlich tue.

Das Schreiben des Albums, die Aufnahmen zwischen den Tour-Phasen oder auch mittendrin, dabei die jetzt bevorstehende Tour zu buchen... Zwei Jahre? Drei? Dazwischen immer wieder "ich stemm das nicht. Das wächst mir über den Kopf." Aber jetzt aufstecken wäre ein noch größerer Fehler. Wenn es ganz schlimm wurde hat sich's dann doch zu richtig angefühlt um hinzuschmeissen.
Auf dem Trottoir vor dem Tavastia Club hat er dann aufgeglüht. Dieser kleine Satz. Das Ende von einem, der Beginn des anderen. Beim Abschiedskonzert von 22-Pistepirkko in Helsinki. Der Mann aus Dänemark. "Now the torch has been passed on to you. You've got to do it."

Das hab ich geglaubt. Weil es wichtig war. Es wäre jetzt nicht das selbe ohne den. Und ich glaub's immer noch. Manche Dinge sollte man nicht hinterfragen.
Es folgt: ein Monat der sich überschlägt. September. Drei Wochen Zeit alle Tour-Details zu klären, letzte und allerletzte Konzerte zu buchen. Bestätigungen, positive. Emmerich Thürmers und Peter Gruners Reviews insbesondere. Erstmals Menschen die zum neuen Album gratulieren. Das ist neu. Rückschläge auch. Genügend. Wenige Proben mit einer Band, der Band, für den Record Release Gig. Eine einmalige Sache. Bis zuletzt keine Ahnung ob die das hinkriegen. Ich will es glauben. Ich muss. Die sind gut. Ich fühl das. Mir bleibt auch nicht allzuviel anderes übrig.
Parallel dazu eine halbe handvoll Folk-Songs für den Auftritt beim Nuremberg International Human Rights Film Festival einüben. Oder eher: verstehen. Meinen Zugang finden, das Stück von mir das da drin steckt zu lokalisieren.

Es ist geworden. Mehr geworden als ich zu hoffen gewagt hatte. Die Record Release Show im Nürnberger Casablanca Kino ein Fest. Wir haben's nicht an die Wand gefahren. Lange nicht mehr so viel Glück während und nach einem Konzert gespürt. Grossartige Isabel Rößler, Christopher Kunz, Maximilian Breu, Andy Conrad und Frank Mollena an der Technik. Nicht zu vergessen Det Paulig, der an diesem Abend gefilmt hat. Hier die Liveversion von Air Catalan mit Band beim Record Release Gig am 25.09.2015

Wochenends drauf der Tour-Testlauf. Auftritt beim Film Festival in Nürnberg. Donnerstag. Gut gewesen. Etwas wacklig. Die frischen Nummern allerdings sehr gut. Ziemlich zufrieden vor allem mit meiner Version von Eric Bogles "And The Band Played Waltzing Mathilda" und "Sergeant Small" (Tex Morton, 1938). Muss sich vielleicht noch etwas zurechtschleifen.
Dann Freitag und Samstag Trash-Folk/Lofi-Country Irrsinn mit den The Goho Hobos. Bamberg zuerst, dann Königstein in der Oberpfalz (war es die Oberpfalz?). Überlebt. Überraschend gut und das ist weiß Gott nicht selbstverständlich mit dieser Band.
Sonntag den Abschluss-Slot beim Eröffnungsfestival des Kulturzentrums Z Bau in Nürnberg gespielt. Scheisskalt, Pisswetter. Da jagst Du keinen Hund vor... naja, kennst Du ja. Mit dabei: das Nürnberger Blues-Harp Urgestein Curley Kauper als Gast. Instinkt-Gig. Irgendwie alles richtig gewesen an dem Abend. In der ehemaligen SS-Kaserne Geoff Berner's "Whiskey Rabbi" zu spielen insbesondere. Kein abgeklärter Gig, eher: Raum, Stimmung, Zeit, Publikum eine nicht erklärbare Einheit. Es gibt so Tage.

Da stehen wir jetzt. Dieses Ding das sie Europa nennen liegt da und wartet auf mich, grösser als ich bisher dachte das es sein könnte. Ich glaub auch daran.

Mäkkelä


Für das Roadtracks Magazin geschrieben, findest Du bis Dezember 2015 in diesem Blog Nachrichten, Wasserstandsmeldungen, Befindlichkeitsnachweise und vermutlich auch den einen oder anderen Link aus der etwas unkalkulierbaren "On Tour"-Parallelwelt von Mäkkelä's Tour zu seinem am 4. September veröffentlichten Album "Last Of A Dying Breed". Alle kommenden Konzerttermine auf maekkelae.com.