Samstag, 28. November 2015

Last Of A Dying Breed. Tourblog 2015. Episode 6

Supersense, Città Vecchia und Freitag der 13.11. 


Irgendwo im Netz bin ich vor dem Tourstart drüber gestolpert. Irgend so ein Blog, was weiß ich. Das oder die Supersense. Café, Laden für Vintage Kameras, Druck mit Bleisatz, Holzschnitt, so Zeug, analog Equipment und scheinbar auch analoges Tonstudio. So richtig vorstellen konnte ich mir's da allerdings nicht. Letztendlich richtig neugierig gemacht hat mich die Aufzugskabine. Eine Jugendstil Aufzugskabine in der man für einen kleinen Obolus eine Mono-Aufnahme von 90 Sekunden machen kann, die direkt in Vinyl geschnitten wird. Oder war's Azetat? Oder ist das das gleiche? Egal. Aufregend hört sich das allemal an. Genau der richtige Boxenstopp auf dem Weg zum Graz Auftritt. Ich bin völlig begeistert. Vorsichtig ausgedrückt. Nicht nur das man im Café im Eingangsbereich erstmal eine Melange oder einen großen Braunen nehmen kann, nein, es gibt auch noch obskurste Vintage-Gitarren zum Verkauf. So obskur das ich eigentlich mit anschauen völlig bedient bin.
Aber dann diese Aufzugskabine! Der Knaller! Ich nehme vier 7" auf. Zwei Versionen von "Lonesome Town" mit Omnichord, zwei von "Sergeant Small" mit dem Irish Bouzouki und bin jedes mal verblüfft wie lang 30 Sekunden doch sein können. Muss wieder hier her.





Der Dienstagabend Auftritt in der Kulturhure in Graz erweist sich als ein sehr familiärer. Wenig Leute, was aber bei der Größe völlig ok ist. Der Laden heißt übrigens wirklich so. Also eigentlich vollständig CuntRa La Kunsthure. Nettes Ding. Nette Leute. Sehr charmant.
Es folgt nach dem obligatorischen Kürbiskernöl-Einkauf am kommenden Tag eine überaus tunnelreiche Fahrt nach Trieste wo ich bei dem Schauspieler-Pärchen Eva und Lorenzo und deren Mitbewohner Simone aka. The Leading Guy (toller Singer/Songwriter Stoff) unterkomme.

Ferrara, sagt Dominik, ist die Stadt mit den glücklichsten Menschen in Italien. Statistisch gesehen. Das wird sich heute zeigen müssen. Zunächst mal ist es eine ausgesprochen hübsche Stadt mit einer hervorragend erhaltenen Mauer drumherum, wobei ersteres sich von Trieste auch sagen lässt. Das mit den glücklichsten Menschen kriegt auch relativ schnell einen unschönen Kratzer ab. Zumindest kann ich mir nicht vorstellen das Federico Aldrovandi, ein junger Stammkunde im Centro Sociale, so besonders glücklich darüber war als er hier in Polizeigewahrsam auf nach wie vor ungeklärte Art verstorben ist. Man sagt es wird intern ermittelt. Bislang ergebnislos. Ich verordne dem Polizeicorps von Ferrara in Gedanken einmal täglich "One Shoe" vom Klezmer Mongrels Album von Geoff Berner zum Morgenappell. Das das Centro Sociale ausgerechnet in der Viale della Resistenza liegt, passt wie Arsch auf Eimer. Gute Leute hier. Und: es ist mein erster Auftritt in Italien. Wird mir sicher unvergesslich bleiben. Der Abend ist sehr gut besucht. Der Sound toll. Das Set läuft perfekt, das Publikum begeistert. All das eigentlich zu schön um wahr zu sein. Irgendwer schneidet mit. Fast will ich mir das nicht anhören um den Eindruck des Abends nicht zu entzaubern....

Off-Day. Vormittag eines sonnigen Novembertages im Piemont, südlich von Turin. Bin bei Freunden untergekommen, irgendwo weit weg von stadtähnlichen Ansiedlungen. Das Anwesen, erbaut in den 60er/70er Jahren könnte eine Filmkulisse sein. Antonioni vielleicht. Geschlafen wie ein Stein nach einer tatsächlich großartigen Fahrt hierher. Tolle Strecke. Pisa - Genova - Torino. Allein wegen der Landschaft haben sich die Autobahngebühren gelohnt. Bei Ankunft dann Abendessen bei Daniela und Gigi's Familie. Jetzt weiß ich auch das es nichts Vergleichbares zu einem Abendessen in Italien, mit drei Generationen an einem Tisch, gibt. Ein quirliges, fröhliches, Chaos. Großartig. Ein Monat unterwegs jetzt und es ist ein nicht enden wollender Traum.

Genova. Der zweite Auftritt in Italien. Ich entscheide mich für die Landstraßen-Route und komme dabei durch Orte die ich bislang nur von Weinflaschen-Etiketten kenne. Asti, Alba, Gavi. Genova dann ein wüstes Durcheinander von Stadt aus Chic, Industrie, Hafen und verwinkelter Altstadt. Sympathisch trashig - fühle mich ausgesprochen wohl hier. Das vom Veranstalter gebuchte B&B ist klein, charmant, kitschig auf nette Art und war mal die Wohnung des Genoveser Cantautore/Legende Fabrizio de André. Dankbarerweise direkt neben dem Club, der Taverna Zaccaria. Eine super-nette Bar, die den Platz vor der Kirche nebenan als Freiluft-Gastraum nutzt. Zum wiederholten mal stelle ich fest das die Verköstigung hierzuland Top-Priority genießt. Da geht's wohl schon auch bisschen um die Ehre. Und es braucht Zeit. Italien, merke ich, ist grade auf dem besten Weg Katalonien kulinarisch den Rang abzulaufen. In meinem ganz persönlichen Ranking. Sensationell. Außer den Konzerten gibt's auf Tour ja nicht so allzu viel mit dem man sich beschäftigen kann. Das Essen nimmt da - zumindest bei mir - schon eine Schlüsselrolle ein. Noch vor dem Postkartenschreiben.



Nach der Show nehmen mich Simona, ihre Freundin und Bandkollegin deren Namen ich natürlich schon wieder vergessen habe und ihr Soundmann noch zwei Ecken weiter mit. In einem Wohnhaus mitten in der Città Vecchia stehen wir plötzlich in einem Wohnzimmer. Mit Bar. Mit Bühne. Mit Flügel, Drumkit und Amps. Ein schweine-gutes Jazz-Trio improvisiert. Man nötigt mich auch was zu spielen. Mag ich ja eher nicht so. Wird aber dann doch sehr schön. Mit den Jungs die eben noch gejamt haben und Simona am E-Bass spielen wir die vermutlich jazzigste Version von "Light Enough To Travel" die es jemals auf eine Bühne geschafft hat. Wunderschöne Stadt mit - jetzt - auch noch speziellen Erinnerungen.
Noch einen Tag totschlagen mit Sachen aufschreiben, etwas üben, vor allem essen, bis ich am Freitag nach Lyon fahre und dort meinen britischen Compadre Grae J. Wall treffen werde. Zusammen geht's dann nach der Lyon-Show südwärts nach Katalonien. Freu mich drauf. Vor allem nachdem ich mittlerweile gesund gefüttert wurde.

Die Alpen nebst Mont Blanc via Frejus-Tunnel unterlaufen. Da wo ich wieder an die Oberfläche komme schneebedeckte Berge in der Sonne, beeindruckendes Panorama mit Mautstation und Felswänden. Vermutlich waren die EUR 44.- Tunnelgebühr vor allem für diesen Ausblick gedacht. Wieder eine Fahrt durch eine Bilderbuchlandschaft, das Rhone Tal, in Richtung Lyon. Ausnahmsweise verlässt mich mein Navi diesmal nicht und ich finde das Kraspek Myzik auf Anhieb. Parkplätze zeigt sich, sind hier etwa so einfach zu finden wie in Trieste, Genova oder Wien, dafür ist diese Ecke von Lyon einer der schönsten Orte dieser Tour. Croix Rousse oder Les Pents heißt der Stadtteil glaub ich, ganz begriffen hab ich's aber wohl doch nicht. Egal. Hoch über der Stadt gelegen, verwinkelte Gassen, endlose Treppenfluchten, Hausdurchgänge - ein einziges Labyrinth. Bars, Cafés, kleine Läden, Tabac Shops. Wie dieses Eck der Gentrifizierung bisher entkommen konnte ist mir ein Rätsel.

Das Kraspek dann ist ein kleiner, super-sympathischer Club/Plattenladen/Kultureinrichtung, geführt von einem selbstverwalteten Kulturverein. Wir teilen uns den Abend mit June Bug aus Lille. Großartiges Duo. Stell Dir vor Jim Avignon/Neoangin mit einer Brise Folk und Sonic Youth. Als Krönung spielen sie als Zugabe die berührendste Version von Leonard Cohen's "The Partisan" die ich bisher zu hören bekommen habe. Gänsehautgarantie. Nicht zuletzt wegen des traumhaften male/female Harmoniegesang. Der Abend des 13. November lässt sich gut an. Gut besucht und sowohl June Bug, als auch Grae's lofi-country Set als auch der Anfang meines Auftritts kommen bestens an. Dann, mitten drin, kippt die Stimmung auf seltsame Weise. Plötzlich ist die Atmosphäre völlig verändert, fast jeder tippt wie verrückt auf seinem Smartphone rum. Auch noch als Grae und ich zusammen mit einigen gemeinsamen Songs den Abend abschließen. Was wir nicht wissen ist das zeitgleich in Paris Bomben vor dem Stade de France hochgehen und Konzertbesucher im Bataclan erschossen werden. Es ist fast wieder wie am 11. September 2001 als Grae und ich mit den Anglo German Low Stars auf Tour waren. Eine gespenstische, beängstigende Stimmung liegt in der Luft und wie damals dämmert mir das ich die Tragweite all dessen vermutlich erst in ein paar Tagen richtig begreifen werde. Party-Stimmung kommt nicht auf, allerdings sitzen unsere Gastgeberin Pauline und zwei Jungs vom Club mit uns noch bis in die Morgenstunden. Die Ereignisse in Paris lassen uns nicht los und werden es auch den Rest der Tour nicht tun. Erfreulich lediglich das zumindest keine Freunde und Verwandte der anwesenden Gäste zu Schaden gekommen sind.
Der folgende, strahlend sonnige Vormittag vergeht mit einem kleinen Spaziergang durchs Quartier, einigen Tassen Kaffee und einigen, absolut unvermeidlichen, natürlich exzellenten, Tartes. Wir laden den Wagen und machen uns auf den Weg nach Süden. Erste Etappe an diesem, spielfreien, Samstag. So weit wie möglich runter, übernachten und Sonntag dann der erste Auftritt in Katalonien, in La Bisbal d'Emporda. Etwas besorgt sind wir ob wir derzeit überhaupt über die Grenze kommen.

Für das Roadtracks Magazin geschrieben, findest Du bis Dezember 2015 in diesem Blog Nachrichten, Wasserstandsmeldungen, Befindlichkeitsnachweise und vermutlich auch den einen oder anderen Link aus der etwas unkalkulierbaren "On Tour"-Parallelwelt von Mäkkelä's Tour zu seinem am 4. September veröffentlichten Album "Last Of A Dying Breed". Alle kommenden Konzerttermine auf maekkelae.com.

Dienstag, 17. November 2015

Last Of A Dying Breed. Tourblog 2015. Episode 5

Skatefolk & Bierkasten Venues


Meister Ozzmond in Wien eingesammelt, kurze Wien-Runde gedreht - Cafe Savoy, Naschmarkt - Fahrzeug gepackt und auf die Piste. Bei bestem Tourwetter die Möglichkeit genutzt sowohl eine qualitativ hochwertige Rush-Hour um Bratislava als auch den beeindruckend trostlosen Plattenbaugürtel der Stadt bei besten Lichtverhältnissen zu genießen Erreichen Banska Bystrica im Dunkeln und können nur erahnen das wir uns in offenbar ziemlich hügeliger Region befinden. Der Cult Club erweist sich als großräumiger Pub, unsere Veranstalter als ausgesprochen herzlich. Wir könnten uns allerdings, wie sich zeigt, auch durchaus in Finnland befinden. Das Veranstaltungsplakat hat ein Typ in Joensuu entworfen, mit Eveliina ist eine junge Finnin im Publikum und somit wird kreuz und quer finnisch, slowakisch und englisch parliert. Kann mich nach dem Auftritt bei dem diesmal eindeutig die folk-punkige Seite im Vordergrund steht, mit fadenscheinigen Ausflüchten um die lokale Schnapsspezialität Borovicka drücken. Ich wurde gewarnt. Um einen Absacker im örtlichen Nachtclub kommen wir zwar nicht herum, glücklicherweise ist unsere Begleiteskorte bereits ausreichend bedient. Nett. Sehr nett.

Gastgeber Michal führt uns den Vormittag über durch die Stadt, die bei Tageslicht tatsächlich sehenswert ist. Andere Welt hier und das obwohl wir uns noch relativ westlich befinden. Das große Ding hier ist heute Allerheiligen. Der Friedhof (diese Tour hat eindeutig etwas Morbides) bei Kaiserwetter bestens besucht. Die Laubwälder der tatsächlich sehr hügeligen Bergbauregion explodieren in herbstlichen Farben. Visueller Flash. Wir laden ein und brechen auf nach Zilina. Nordslowakei Es zieht sich. Nicht zuletzt aufgrund der gutgemeinten Warnung von Michal: unbedingt an die Speedlimits halten. Polizei steht hier an jeder Ecke und die Strafen werden gerade bei ausländischen Nummernschildern gerne mal etwas freier interpretiert. In der Regel eher großzügig nach oben ausgelegt.

Stanica heißt der Club in Zilina und wirkt erst mal vor allem ziemlich bizarr. Wir fahren durch ein Industriegebiet, eine Plattenbausiedlung. Dann, unter einer Autobahnbrücke, ein Vorstadtbahnhof. Der Club. Bahnsteig, Fahrkartenautomat. Das Stationsgebäude in ein Café umfunktioniert. Der große Saal, nach oben an der Autobahnbrücke endend, grenzt ans Gebäude und ist der erste Konzertsaal aus Bierkästen den ich sehe. Irre.

Stanica in Zilina.
Hauptprogrammpunkt des Abends eine Film-Doku von und über zwei junge Skater und ihrer Reise quer durch die USA, von einem Skatepark zum nächsten. Diashow zum selben Thema folgt, moderiert von den beiden, dann sind wir dran. Ozzmond erst, dann Mäkkelä. Jeweils eine gute halbe Stunde. Das sehr junge Publikum geht völlig ab. Ich verstehe eigentlich gar nichts mehr. Meine Stimme gerade noch fast völlig weg meldet sich wieder zurück. Es ist einer der wildesten Abende der Tour. Acoustic Punkrock. Merch geht wie geschnitten Brot. Nach uns spielen die Skater-Jungs einen völlig anarchischen Trash-Folk-Jugband Gig. Sie nennen es selbst: Skate-Folk. Klar. Ozzmond und ich kringeln uns, liegen fast unterm Tisch.
Und Zilina macht auch keine Ausnahme. Auch hier schließen sich Kreise. Nach der Show meint ein Typ "Hey, ich kenn Deine Stimme, ich hab Dich schonmal gehört. Bist Du aus Brighton?" "Nee, aber ich hab da paar mal gespielt, in so 'ner finnischen Bar." "In den Lanes?" "Ja." "Gibt's doch nicht. Dann hab ich Dich im Northern Lights gesehen." Offenbar ist hier der ideale Treffpunkt für isländisch-slowakische und finnisch-deutsche Mixed-Breeds.

Später stellt sich heraus die Skater-Kids sind eigentlich aus Spisska Nova Mes, wo wir morgen spielen. "Wir kommen morgen da hin. Ihr wart super!" Mal sehen wie ernst das zu nehmen ist. Sind immerhin drei Stunden Fahrt. Wir übernachten bei Dasa und Susa, den Organisatoren und sind fertig und glücklich. Guter Abend.

Unterwegs nach Spisska Nova Mes

Spisska Nova Mes. Ziemlich östlich gelegen am Fuß der hohen Tatra. Beeindruckende Bergkulisse auf der Anreise. Hier kommt nicht mehr viel. Nach Osten noch Presov, dann die Ukraine, nach Norden Zakopane, dann Krakau. Das MisMas ein kleines Cafe. Wir spielen mit Cascabel, der Band unseres Bookers Lukas. Es wird richtig voll. Unsere Skater kommen tatsächlich. Cascabel spielen akustischen Hardcore mit ausgefuchsten Gitarren-Arrangements. Ozzmond gibt Vollgas, das Publikum begeistert. Irgendwer sagt mir: "Du musst REASON spielen und GOOD FRIDAY! Sind meine Faves." Manchmal vergesse ich das es YouTube und Bandcamp gibt... Trotzdem überrascht es mich immer wieder als Singer/Songwriter von einem Punkrock/HC Publikum abgefeiert zu werden. Fühlt sich vielleicht auch deshalb speziell an.
Café MisMas, Spisska Nova Mes/SK

Guter Laden, gute Leute hier im östlichsten Club dieser Tour. Ab morgen geht es südwärts. Zuerst nach Wien das Supersense ansehen, evtl. was aufnehmen, dann Graz am Dienstag, Ferrara in Italien am Donnerstag und dann, endlich mal vier dringend nötige Tage off in Florenz und im Piemont.

Für das Roadtracks Magazin geschrieben, findest Du bis Dezember 2015 in diesem Blog Nachrichten, Wasserstandsmeldungen, Befindlichkeitsnachweise und vermutlich auch den einen oder anderen Link aus der etwas unkalkulierbaren "On Tour"-Parallelwelt von Mäkkelä's Tour zu seinem am 4. September veröffentlichten Album "Last Of A Dying Breed". Alle kommenden Konzerttermine auf maekkelae.com.

Donnerstag, 5. November 2015

Last Of A Dying Breed. Tourblog 2015. Episode 4

Spanferkel, Streichelzoo & das Trio


Blick zurück nach Oberfranken. Hof. Fix und fertig nach einer mehr als nervigen Fahrt von Berlin runter. Regen, Stau, Tankreservenroulette. Irgendwie kippt aber doch immer der Schalter um sobald die Show beginnt. Gut gewesen, Schlaf aber auch nötig. Dringend. Dann Burgkunstadt, Zum Rösla. Bilderbuchstädtchen in Oberfranken und auf dieser Tour vielleicht der schönste der Auftritte den ich dort bisher gespielt habe. Irgendwas erinnerungswürdiges ist dort aber auch jedes mal. Kann man sich drauf verlassen. Ob das der junge Tontechniker ist der mitten im Soundcheck blass wird und nach hinten umkippt, der örtliche Schäfer der beim Einladen fluchend vorbei trottet und schimpft das der Bock den er gekauft hat offenbar schwul ist oder eben in diesem Jahr die unverhoffte Anlieferung von größeren Mengen Spanferkelbraten des lokalen Metzgers. Hat wer bestellt und dann nicht abgeholt. Muss jetzt eben gegessen werden. So einfach ist das. Dazu verlässlich exquisite Musikauswahl vom Wirt. Ideale Voraussetzung abzuhängen bis zum Ende. Wären da nicht die kleinen Überraschungen. Erhalte am Abend eine SMS vom Hafen 2 in Offenbach mit der Info "Soundcheck morgen ist 12.30 - 13.30. Wir haben da diese Buchmesse-Veranstaltung am Nachmittag und der Gig sollte direkt danach um 18.00 Uhr beginnen." Also Essig mit ausschlafen, in Ruhe frühstücken und entspannt nach Offenbach fahren.

Überraschenderweise hinbekommen. 7.00 Uhr aufstehen nicht unbedingt meine stärkste Disziplin. Offenbach dann jedoch bezaubernd. Hatte vor hundert Jahren im alten Hafen 2 gespielt, der neue ein post-industrielles Märchenland. Das Gelände begrüßt mich mit einem freudig aufgeregt hin und her zuckelnden Kohlebagger nebenan, dem Frachtschiff Isabel (sic!) das eben vorbei schippert, Möwen und Reihern. Den Streichelzoo hab ich da noch gar nicht gesehen. Übernachtung in Zirkuswohnwägen im Industriehafen von Offenbach am Meer. Très charmant. Kurz vor dem Auftritt erfahre ich das auf HR2 offenbar das neue Album gelaufen ist, mit Hinweis aufs Konzert. Finnen da und - natürlich - die Mädels von SISU-Radio, der finnischen Sendung auf Radio X. Zumindest glaub ich das der Frankfurter offene Kanal so heißt
Tags drauf Karlsruhe. Nicht weit zu fahren, gut geschlafen, die alljährliche Tour-Erkältung nimmt an Fahrt auf. Wie schon beim letzten Wohnzimmerkonzert dort ein spezieller Abend, aber dazu liest man denke ich am besten Gudruns Konzertbericht.
Die Fahrt nach Trier am 20.10. zwar ein Traum (Pfälzer Wald und rüber nach Trier), Vorfreude groß mit Annabeth McNamara den Abend zu teilen und vor allem mal wieder Marco vom Brunnenhof zu treffen, die Stimme dank Erkältung mittlerweile allerdings besorgniserregend lädiert. Apothekenkonsultation führt nur zu dem freundlichen Tip "Ich empfehle Sie lassen heute am besten singen...".
Es geht dann dank massivem Einsatz von Emser Salz überraschend gut und die "Light Enough To Travel" Version mit Annabeth am Banjo ist dann auch tatsächlich noch ein persönlicher Glücksmoment. Kein langes Nachfeiern wie bei den letzten Konzerten diesmal. Ab ins Hotel und einfach freuen das der kommende Tag off ist. Colmar. Dringend nötiger Ruhetag bei Ingwer-Zitronen-Sud und zum Ausklang einem Schluck Elsässer Pinot Gris. Wieder dazu gelernt. Neun Shows am Stück mit all den Begleitumständen des Alleinreisens sind offenbar das Limit.

Zu Freiburg bitte ich doch um kurze Rückbesinnung auf Tourblog Episode 3...

26.10.2015, Fürth. Zwei wunderbare Schweiz Shows in Zürich und Thun gespielt, unbehelligt vom Schweizer Zoll das Land verlassen und in Lindau bei schönstem Herbstsonnenschein angekommen. Sofort zuhause gefühlt im Cafe Collodium. Wieder ein ganz anderes Publikum. Matinee, Beginn 14.30 Uhr. Nicht wirklich meine Zeit aber wieder gut gewesen. In der Folge mit Markus dem Betreiber bis spät in die Nacht geredet und geredet. So darf das sein. Dafür am Montag völlig im Eimer gewesen. Off-Tag in Fürth. Die Erkältung mittlerweile etabliert. Logistik-Kram für den kommenden Abschnitt erledigt, Waschsalon und Saitenkauf. Nachpressung nicht angekommen. Schlecht. Isi wird wohl auch nicht die Dates in Bayreuth, Prag und Wien spielen, ganz schlecht. Dafür stehen die einzigen zwei Shows in Trio-Besetzung an. Bin neugierig.

27.10.2015, Bayreuth. Das Trio rockt. Wer hätte das von einem Mäkkelä-Konzert erwartet? Schweißtreibender Abend im Forum Phoinix, besser hätte es nicht laufen können. Premieren-Auftritt mit diesem Programm in dieser Besetzung, volles Haus, begeistertes Publikum. Das Ding rollt. Die Stimme pendelt sich nach und nach irgendwo zwischen Tom Waits, Roger Chapman und Nebelkrähe ein. Kann gut sein, muss es aber nicht. Vor allem macht es die ganze Angelegenheit eines, nämlich anstrengend

28.10.2015, Prag. Blick von Letná über das abendliche Prag kurz vorm Soundcheck. Adrenalin-Hoch im Nudny Otec, euphorischer Ausklang in einem von Letnás Wasserlöchern. Bloody Mary, Tee mit Slivo für die Stimme. Wie viel höher geht das noch? Am Donnerstag Vormittag dann Abschied von den Jungs, herbstgraue Fahrt Richtung Wien via Brno. Weinberge, Weinberge, Weinberge auf der österreichischen Seite. Der Abend hallt lange nach. Die Tour-Realität mit Parkplatzproblemen in Großstädten holt mich in der Josefsstadt ein aber das ist gerade jetzt einfach nicht wichtig, spielt keine Rolle. Zeit sich zu sammeln.

30.10.2015, Wien. Die Tour gleitet oder treibt vor sich hin und ich mit ihr. Irgendwas ist mit diesem Wien. Jedes mal. Ich kann's nicht benennen, aber es ist nur hier so. Vielleicht deshalb fühlt sich der gestrige Auftritt wie das Auslaufen nach einem guten Sprint an. Schweiz und Lindau ein echtes High, Bayreuth und Prag in der Trio-Besetzung mit den Goho Hobos Kollegen Andy Conrad an Akkordeon und Banjo sowie Patrick Reichmann am Hobo-Drumkit quasi ein Ritt auf einer Welle die ihren Peak in Prag erreicht. Dort noch gekrönt vom Gastauftritt von Pavel Cingl, Violine. Es sind diese Momente in denen einfach alles funktioniert, man nichts wirklich falsch machen kann, wegen denen man das alles auf sich nimmt, Momente die fast jedes Opfer wert sind. Es folgt dann auch einer eigenen Logik das Wien anders ist, anders sein muss. Trotz der sehr überschaubaren Zuhörerschaft kein Absturz in die Realität sondern eher ein sanftes Hinabgleiten in fast sakraler Atmosphäre. Die einleitenden Worte von Reverend Dominik vom Verein 08 mehr als passend dazu. Eine eigenartige, kleine Andacht im Herzen des achten Bezirks, an einem trüben Herbst-Donnerstag. Gelungenes Ende einer Phase, perfekter Start in die nächste. Es stehen an: drei Dates in der Slovakei mit meinem Tour-Buddy, dem finnischen Folkpunk Unikum Ozzmond. Neuland.

Für das Roadtracks Magazin geschrieben, findest Du bis Dezember 2015 in diesem Blog Nachrichten, Wasserstandsmeldungen, Befindlichkeitsnachweise und vermutlich auch den einen oder anderen Link aus der etwas unkalkulierbaren "On Tour"-Parallelwelt von Mäkkelä's Tour zu seinem am 4. September veröffentlichten Album "Last Of A Dying Breed". Alle kommenden Konzerttermine auf maekkelae.com.