Von Barcelona nach Norden. Letzter Eintrag.
Figueres. Wird das Café Royal noch da sein? Ein seit Generationen von einer Familie betriebenes Café an der
Rambla. Dali und
Bunuel waren hier schon
gesessen und haben sich über andalusische Hunde ausgetauscht. Sagt man. Bereits vor drei Jahren hieß es das Gebäude würde abgerissen, offenbar haben wir
doch noch eine Chance erhalten bei Pep ein
Estrella zu ordern. Überschaubare Menge dann beim Auftritt zwei Ecken weiter. Tolles Publikum dennoch. Am Ende
wird es noch wild. Ein ziemlich
durchgerockter Typ kreuzt nach unserer Show auf. Packt seine Gitarre aus, spielt. Rumba, Flamenco,
you name it. Hot Gypsy Stuff. Wir steigen ein. Mit
Bouzouki und Gitarre. Mädchen fangen an zu tanzen, steuern
Handclap-Percussion bei. Ich bin wieder mittendrin. In dieser fiebrigen, surrealen Atmosphären-Suppe, schwimme in einem bizarren Traum. Ein geisterhafter Abend.
Ricard, der stoische Barmann, die
Handclaps, die Gesten der Tanzenden, der heisere, von ganz tief unten herausbrechende Gesang
des alten Roma, sein zerfurchtes Gesicht. Wortfetzen, Halbsätze,
"You must not go! You stay! Play!!!".
Uns wird angeboten nächstes Jahr im Knast von
Figueres zu spielen.
Girona, Café
Llibreria Context. Gepackt voll. Ganz anders als vergangenes Jahr. Es läuft. Es läuft gut. Tags darauf nochmal besser.
Sant Feliu de
Guixols. Vielleicht der
gelungenste
Auftritt der diesjährigen Shows in Katalonien. Und das in einer der
schönsten Städte in die es mich auf dieser Tour geschwemmt hat.
Warum
hat uns eigentlich bislang noch keiner hier her geschickt oder gesagt
das es dieses Nest gibt? Es hätte nicht schöner sein können. Vor dem
Soundcheck noch das
4:0 von
Barca gegen
Real gesehen, dann auf einer der schönsten Bühnen der Tour, bei perfektem Sound vor einem super-interessierten Publikum die Ideallinie gefunden. Momente die bleiben.
Barcelona wird der angemessene Abschluss dieses
Tourabschnitts mit
Grae J Wall. Erwarten nichts bekommen viel. Das
Gipsy Lou im
Raval überraschend gut
besucht.
Sehr gut. Das Programm läuft hervorragend und wir verdienen tatsächlich
Geld an diesem Abend. Nicht selbstverständlich für Bar Gigs in dieser
Stadt.
Wir packen die Instrumente zurück ins Hotel an der
Rambla und ziehen nochmal los, auf einen Absacker in die London Bar. Während wir einen Drink nehmen
kommt zufällig ein Pärchen rein die unseren Auftritt im
Gipsy Lou gesehen haben, bedanken sich nochmal. Der junge Barmann wird hellhörig.
"You musicians? You have to play here!". Gerne. Nächstes Jahr. Es stellt sich heraus der Typ ist absoluter
Townes van
Zandt und Steve Earl Fan.
Country/Songwriter
Stoff generell. Plötzlich sind zwei Gitarren da. Plötzlich entpuppt
sich der Kumpel des Barmanns als sensationell guter Gitarrist. Plötzlich
endet der Abend in einer intimen Session.
Townes van
Zandt,
Woody Guthrie, Steve
Earle. Anglo-catalanisch-finnische Bruderschaft. Die Getränke gehen auf
's Haus. Es wird spät.
|
London Bar, Barcelona. |
Wieder allein unterwegs. Nach
Stops in Montpellier und Lyon spiele ich Basel an einem Mittwoch. Charmant. Gute Menschen, wenig Publikum. Genieße es
trotzdem.
Fahre in 10 Stunden von
da nach Dunkerque. Straßensperren in Frankreich. Wir sind im Krieg. Es macht mich wütend ein ungutes Gefühl haben zu
müssen weil da zehn Typen mit automatischen Waffen stehen, einige davon maskiert. Was ist hier eigentlich los?
England. Es ist ende November, das Wetter erstaunlich trocken hier und Southampton ein guter Einstieg. Auftritt im
Mettricks mit Bar:Ton und
Hermione Pepper. Ersterer mit einem
Psych-Folk Instrumental-Set auf dem
Mandocello, letztere mit sphärischem
Goth-Folk. Gesang und
Autoharp. Eigenwillige Geschichte, nicht
ganz meine Tasse Tee, aber gut gemacht. Sitze nach dem Auftritt noch lange mit Richard
aka. Bar:
ton und seiner Freundin zuhause.
Tourgeschichten austauschen, Tee trinken.
Auf der Fahrt nach
St Albans, tags darauf, habe ich es dann wieder. Dieses Gefühl das mich trotz aller Widrigkeiten die dieses Land für Acts wie mich mit sich
bringt, immer wieder hierher zieht Es ist vielleicht eine der größten Herausforderungen für einen
Solo-Performer in Europa. Vielleicht noch etwas mehr für einen
nicht Native Speaker. Dir bleibt nichts anderes übrig als gut zu sein, und wenn Du es bist, wird es respektiert. Auch wenn es jenseits des Mainstream ist, auch
wenn es vielleicht etwas eigenwillig ist, man hört Dir auf jeden Fall zu, Du
bekommst Deine Chance. Das die Bezahlung in der Regel katastrophal ist
soll mal
nicht verschwiegen werden. Ruppiges Land mit einer einzigartigen (
Pop-)Musik Kultur.
Der
Auftritt im Trestle Arts Base dann ein echtes Highlight. Vier Acts, fetter Sound, gut besucht.
Hi-energy Auftritt. Pures Glück. Noch unter dem Eindruck des Abends beschließe ich am folgenden Tag noch spontan einige Songs im
Blue Angel Acoustic Cafe zu spielen, einem seit 18 Jahren laufenden Open
Mic Abend in
St Albans, humorvoll und kompetent gehostet von Bill und Perry. Das stürmische Wetter treibt eine bunte Mischung aus Spinnern und Normalos in das Pub. Ich liebe das hier. Einige Acts völlig daneben, einige
absolut großartig. Jeder kriegt seine Chance und jedem wird zugehört. Aufmerksam. Respektvoll. Für mich wird es anschließend Zeit Schlaf nachzuholen. Möglichst viel davon.
Ein guter Moment dies hier als den letzten Blog-Eintrag stehen zu lassen. Vor mir liegen noch vier
UK Dates, einer in Lille und vier Shows in Deutschland. Letztere dann doch noch erfreulicherweise mit
Isi Rössler und - auf den
freu ich mich besonders - einer zusammen mit
Geoff Berner in Dachau. Ich
hoffe wir sehen uns dort. Irgendwo. Irgendwann. Sollte jemand diesen Blog hier verfolgt
haben - Danke. Die Reise war lang dieses mal und sie ist noch nicht zu Ende. Es wird daher sicher immer wieder mal was neues hier, auf FB oder der
Mäkkelä Seite geben. Wer möchte kann gerne ab und an mal vorbeisehen. Ein
spezielles Dankeschön an das
Roadtrack Magazin an dieser Stelle.
St Albans, 01.12.2015
Martti Mäkkelä
Für das Roadtracks Magazin
geschrieben, findest Du bis Dezember 2015 in diesem Blog Nachrichten,
Wasserstandsmeldungen, Befindlichkeitsnachweise und vermutlich auch den
einen oder anderen Link aus der etwas unkalkulierbaren "On
Tour"-Parallelwelt von Mäkkelä's Tour zu seinem am 4. September
veröffentlichten Album "Last Of A Dying Breed". Alle kommenden Konzerttermine auf maekkelae.com.